SINATRA-VEGAS: LIVE AT THE SANDS 1966
SINATRA-VEGAS: LIVE AT THE SANDS 1966
Nachdem Sinatra 1962 seinen langgehegten Wunsch eines gemeinsamen Albums mit Count Basie mit „Sinatra-Basie: An Historic Musical First“ bei Reprise hatte verwirklichen können und 1964 ein zweites Studioalbum mit Basie „It Might As Well Be Swing“ gefolgt war, trat er mit großem Erfolg im Herbst 1964 erstmals live mit der Basie-Band im „Copa Room“ des Sands in Las Vegas zwei Wochen lang auf. Im Jahr darauf folgten weitere Sinatra-Basie-Konzerte, u.a. beim Newport Jazz Festival und im Rahmen einer kleinen US-Tournee.
Die Resonanz auf diese Auftritte war es, die Sinatra dazu bewog, nach den vielen vergeblichen Anläufen der Jahre zuvor nun auch ernst zu machen mit einem Live-Album (seinem allerersten!), als er am 5. Januar 1966 zusammen mit Basie erneut ein Engagement im Sands startete. Diesmal dauerte es einen ganzen Monat, bis zum 1. Februar 1966 – Abend für Abend jeweils zwei komplette Shows (eine um 20.15 Uhr „nach der Tagesschau“ , eine um Mitternacht). Nur an den Montagen gönnte man sich eine Pause, während an diesen Abenden Dean Martin auftrat.
Wie für Vegas-Shows üblich, gab es dabei auch diesmal mehrere Showteile: Den „Aufwärmer“ gab dabei mit Pat Cooper (*1929) ein Komödiant, der sich – wie sein bürgerlicher Name Pasquale Caputo verrät – zu Sinatras „italienischen“ Freunden zählen durfte. Auf ihn folgte dann Count Basie mit seinem Orchester in einem eigenen Showteil, in dem die in Bestbesetzung angetretene Band einige ihrer legendären Instrumentalnummern zu Gehör brachte. Den Höhepunkt bildete dann natürlich Sinatras meist knapp einstündiger Auftritt, für den Sinatras eigener Pianist Bill Miller das von Quincy Jones geleitete Orchester verstärkte.
Bereits drei volle Wochen lang lief das Programm, als schließlich am 26. Januar endlich das Aufnahmeteam anrückte, um bis zum Ende das Engagements am 1. Februar die restlichen 12 Shows mitzuschneiden. Dafür reisten aus Kalifornien Sinatras Reprise-Produzent Sonny Burke und Toningenieur Lowell Frank (der damals neben Lee Herschberg die meisten Studio-Sessions von Sinatra betreute) an, um von einem hinter der Bühne untergebrachten, mit modernster Technik ausgestatteten mobilen Tonstudio im 4-Track-Verfahren die Aufnahmen zu überwachen. Es war also ein ähnliches Vorgehen wie im November 1961 – am Ende der Aufnahmeperiode hatte Reprise Records aus dem dutzend mitgeschnittener kompletter Shows einen Fundus an Aufnahmen mit mehreren Versionen pro Song zur Auswahl, da Sinatra wie üblich sein Liedprogramm nur zum kleineren Teil von Show zu Show variierte.
Aus diesem „Stoff“ produzierte Reprise dann die legendäre allseits bekannte Doppel-LP „Sinatra At The Sands“, die Anfang August 1966 in die Regale kam, noch im selben Monat in die Billboard-Charts vorrückte und dort in 44 Wochen bis in die Top Ten gelangte. Siehe unser Monatstopic August 2006 Sinatra At The Sands.
Dabei ging es den Produzenten 1966 allerdings nicht darum, eine komplette Original-Show wiederzugeben – vielmehr stellte man aus den Aufnahmen der verschiedenen Abende ein neues Programm zusammen, veränderte mitunter die Reihenfolge der Songs, mischte einige der Instrumentaltracks aus Basies Solo-Teil dazwischen und dehnte vor allem die Länge aus, so daß das fertige Album 75 Minuten dauerte. Nachdem das Album in unveränderter Form 1987 erstmals auf CD herausgekommen war, brachte Reprise dann 1998 im Rahmen der „Entertainer Of The Century“-Reihe „Sinatra At The Sands“ erneut auf CD heraus, in einer von Lee Herschberg erstellten Neubearbeitung derselben Master, erweitert um einen Bonus-Track (Luck Be A Lady). Zwischenzeitlich brachte Reprise dann mit „Basie Live At The Sands – Before Frank“ ein schönes CD-Album mit einer Auswahl aus den damals aufgezeichneten Solo-Teilen der Basie-Band heraus.
Erfreulicherweise gibt es aber auf Sinatra-Vegas keine einzige Überschneidung zu den Stücken auf „Sinatra At The Sands“ – alle auf dieser CD hier zu hörenden Versionen sind Erstveröffentlichungen! (Hinweise zur Differenzierung der Versionen siehe unten). Mit Blick auf die exquisite Besetzung der Basie-Band (viele Jazz-Weltstars sind dabei, Liste siehe unten) ein doppeltes Vergnügen, denn die Jungs spielen ihre Parts natürlich jedesmal ein wenig anders.
Ein gravierender Unterschied zu "Sinatra At The Sands" besteht im Produktionskonzept: Im Gegensatz zu „Sinatra At The Sands“ verfolgt die neue CD „Live At The Sands 1966“ das Ziel, eine möglichst „authentische“ Show in „Echtzeitlänge“ anzubieten, also die typische Anzahl und Reihenfolge der Songs beizubehalten. So fehlen z.B. beide Saloon-Songs – doch tatsächlich hatte Sinatra an manchen Abenden weder „One For My Baby“ noch „Angel Eyes“ im Programm. Die Sinatra-Vegas-Ausgabe kommt einer „echten“ Original-Sands-Show von FS und Basie also erheblich näher als das Kunstprodukt „Sinatra At The Sands“.
Waren, wie erwähnt, 1966 Lowell Frank und dann bei der Neuabmischung 1987 Lee Herschberg für „Sinatra At The Sands“ zuständig gewesen, so besorgte für „Live At The Sands 1966“ jetzt Larry Walsh die Abmischung des neuen Materials aus dem Reprise-Masterfundus. Für Stereophile gibt es da sicherlich genügend Diskussionsstoff.
Ein Unterschied sei noch erwähnt - gleich zu Beginn der CD vermißt man den sonoren Baß von US-Schauspieler William Conrad („Cannon“), der auf „Sinatra At The Sands“ die Einleitungsworte spricht („The Sands is proud to present...“). Die stammten aber gar nicht aus dem Engagement, sondern wurden von Reprise später nachträglich im Studio eingespielt und dazugemixt – während die „Original-Einleitungen“ damals gar nicht über Mikrophon mitgeschnitten worden sind und daher hier nur „im Hintergrund“ vernehmbar sind.
Bernhard.
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LIVE AT THE SANDS 1966 (Reprise CD 74075-2B)
Aufnahmedaten: 26./27./28./29./30.1. und 1.2.1966 (Tracks 1-17), 15.9.1981 (Track 18)
Aufnahmeort: Las Vegas, The Sands Hotel, Copa Room (Tracks 1-17)
Aufnahmeleitung: Sonny Burke
Toningenieur (1966): Lowell Frank
Remastering (2006): Larry Walsh
Arrangeure: siehe Trackliste
Orchester Count Basie geleitet von Quincy Jones:
Al Aarons, Sonny Cohn, Wallace Davenport, Harry ‚Sweets‘ Edison, Phil Guilbeau (Trompete); Henderson Chambers, Al Grey, Bill Hughes, Grover Mitchell (Posaune); Eddie ‚Lockjaw‘ Davis, Eric Dixon, Charles Fowlkes, Marshall Royal, Bobby Platter (Saxophon, Holzbläser); Count Basie, Bill Miller (Piano); Freddie Green (Gitarre); Norman Keenan (Baß); Sonny Payne (Schlagzeug).
1. Introductions 1:23
2. COME FLY WITH ME (Jimmy van Heusen/Sammy Cahn, 1957) 3:03
Arrangement: Billy May (1957)
3. I’VE GOT A CRUSH ON YOU (George Gershwin/Ira Gershwin, 1928) 2:59
Arrangement: Nelson Riddle (1960)
4. I’VE GOT YOU UNDER MY SKIN (Cole Porter, 1936) 3:27
Arrangement: Nelson Riddle (1956)
5. THE SEPTEMBER OF MY YEARS (Jimmy van Heusen/Sammy Cahn, 1965) 3:03
Arrangement: Gordon Jenkins (1965)
6. STREET OF DREAMS (Victor Young/Sam Lewis, 1932) 2:13
Arrangement: Billy Byers (1965)
7. FLY ME TO THE MOON (IN OTHER WORDS) (Bart Howard, 1954) 2:49
Arrangement: Quincy Jones (1964)
8. One O’Clock Jump (Basie) Instrumental/Sinatra Monologue 8:34
9. YOU MAKE ME FEEL SO YOUNG (Joseph Myrow/Mack Gordon, 1946) 3:16
Arrangement: Quincy Jones (1965)
10. THE SHADOW OF YOUR SMILE (Johnny Mandel/Paul Francis Webster, 1965) 2:30
Arrangement: Quincy Jones (1965)
11. GET ME TO THE CHURCH ON TIME (Frederick Loewe/Alan Jay Lerner, 1956) 2:27
Arrangement: Quincy Jones & Billy Byers (1965)
12. LUCK BE A LADY (Frank Loesser, 1950) 4:34
Arrangement: Billy May (1963)
13. IT WAS A VERY GOOD YEAR (Ervin Drake, 1960) 3:51
Arrangement: Gordon Jenkins (1965)
14. DON’T WORRY BOUT ME (Rube Bloom/Ted Koehler, 1939) 3:16
Arrangement: Nelson Riddle (1953)
15. MY KIND OF TOWN (Sammy Cahn/Jimmy van Heusen, 1963) 2:54
Arrangement: Nelson Riddle (1963)
16. One O’Clock Jump (Basie) Instrumental / Sinatra Monologue & Introductions 4:40
17. MY KIND OF TOWN – Reprise / One O’Clock Jump Finale 1:44
18. Bonus: Sinatra Speaks on Working with Count Basie 1:12
[Ausschnitt aus einem Interview mit Arlene Francis, 15.9.1981]
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Zur Unterscheidung der Tracks von „Sinatra-Vegas“ und „Sinatra At The Sands“
Die meisten Tracks unterscheiden sich jeweils an einer ganzen Reihe von Stellen recht deutlich, weil Sinatra den Text variiert – hier ist pro Track nur eine schlagende Unterscheidung genannt. (Eine komplette Auflistung der Unterschiede demnächst im DSS-Magazin „The Voice“). Die angegebene Zeit bezieht sich jeweils auf die hier besprochene CD der neuen Vegas-Box.
Version A
LP: Sinatra At The Sands (2-LP-Set, Reprise) (zuerst erschienen August 1966)
CD: Sinatra At The Sands (Reprise) [21 tracks] (zuerst erschienen Januar 1987)
CD: Sinatra At The Sands (Reprise/Entertainer Of The Century) [22 tracks] (zuerst erschienen 26.5.1998)
Version B
CD: Frank Sinatra: Vegas (4 CD/1 DVD-Box, Reprise) CD #2 (erschienen 7.11.2006)
COME FLY WITH ME
bei 1:25
A: It is perfect for a flyin‘ honeymoon, they say, come on, fly with me
B: It is perfect for a flyin‘ honeymoon – I’m tired, god-damn I’m tired – fly with me
I’VE GOT A CRUSH ON YOU
bei 1:38
A: could you coo, could you care / for a lovely cottage, tha—(gesprochen) you wanna meet Monday, we pick out the furniture? / (gesungen) the world will pardon my mush / because I have got a crush, my baby, on you
B: could you coo, could you care / for a lovely cottage that we could share /the world will pardon my mush / (gesprochen) don’t get nervous folks, the act gets a little better as we go along, it’s still slow now, but we’ll fatten it out a little bit / (gesungen) baby on you / (gesprochen) I’m over here with the wine-drinkers
I’VE GOT YOU UNDER MY SKIN
bei 0:44
A: and I said to myself: This affair, it never will go so well
B: I have said to myself: This affair, it never will move so well
THE SEPTEMBER OF MY YEARS
bei 0:16
A: it’s summer, next day you turn around and it’s fall
B: it’s summer, the next day you turn around and it’s fall
STREET OF DREAMS
bei 0:46
A: all you can hold's up there on a moonbeam / poor, there ain’t nobody poor
B: all you can hold is in a moonbeam / poor, nuuubody’s poor
FLY ME TO THE MOON
bei 0:29
A: let me swing among those stars
B: let me swing up there with those stars
YOU MAKE ME FEEL SO YOUNG
bei 1:44
A: every time I see you grin, I’m such a coo-coo individual
B: every time I see you grin, such a happy individual
THE SHADOW OF YOUR SMILE
bei diesem Song ist es etwas schwieriger, weil es nur Unterschiede in der Phrasierung gibt, nicht aber im gesungenen Text
bei 0:45
A: look into my eyes, my lovvv-uuh-and-uuh-see
B: look into my eyes, my love (Pause) and-uh see
bei 1:09
A: our wistful little star (Pause), it was far too high
B: our wistful little star-it was faaaar (lange Silbe) too high
GET ME TO THE CHURCH ON TIME
bei 0:34
A: spruced up and lookin‘ in my prime
B: dressed up and lookin‘ in my prime
LUCK BE A LADY
(Hinweis: Version A erschien erstmals 1998, fehlt auf früheren Ausgaben von „Sinatra At The Sands“)
bei 1:50
A: how about you bein‘ a lady with me
B: luck be a lady with me
IT WAS A VERY GOOD YEAR
bei 2:13
A: limousins, their chauffeurs would drive
B: limousins, and their chauffeurs would drive
DON’T WORRY ´BOUT ME
bei 0:35
A: just say that our little show is over
B: let’s say that our little show is over
MY KIND OF TOWN
bei 1:17
A: it makes me grin like a clown, it’s my,. my kind of town
B: it makes me jump up and down, it’s myyyyy kind of town
MY KIND OF TOWN (Pick-up)
letzte Zeile:
A: it’s my kind of town!
B: it’s my kind of town, Amarillo, Toledo, ...!