One Note Samba
Titel
One Note Samba
Text & Musik
Musik von Antonio Carlos Jobim & Newton de Ferreira Mendonça (1959), englischer Text von Antonio Carlos Jobim & Jon Hendricks (1961)
Main Event Infos
- Geschichte
- Übersetzung
- Diskographie
Im Frühjahr 1959 entstand in Brasilien die heute weltweit bekannte „Samba De Uma Nota Sò“ („Samba aus nur einer Note“), eine Gemeinschaftskomposition von Antonio Carlos Jobim (1927-1994) und Newton de Ferreira Mendonça (1927-1960) . Die gleichaltrigen Jobim und Mendonça waren seit 1942 enge Jugendfreunde gewesen, und in den Fünfziger Jahren arbeiteten sie regelmäßig und sehr eng zusammen. „Samba“ war eine ihrer letzten Arbeiten, denn Newton starb schon 1960 im Alter von nur 33 Jahren an einem Herzinfarkt. Trotz seines frühen Todes gilt Mendonça neben Jobim heute als einer der wichtigsten brasilianischen Komponisten.
Der brasilianische Autor und Musikhistoriker Marcelo Câmara hat vor wenigen Jahren in seiner schönen und empfehlenswerten Biographie „Caminhos Cruzados. A Vida e a Música de Newton Mendonça“ (erschienen 2001; eine deutsche Übersetzung gibt aber meines Wissens nach leider nicht) anschaulich und mitreißend beschrieben, wie sich Jobim und Mendonça beim gemeinsamen Komponieren mit ihren Ideen gegenseitig antrieben und so letztlich beide die Grundlagen für eine Musik legten, die nicht nur in Brasilien zur nationalen Identität gehört wie der „Zuckerhut“ oder die Copacabana, sondern als „Bossa Nova“ auch einen Siegeszug um den Erdball angetreten hat.
Die Idee für „Samba De Uma Nota Sò“ enstand, wie Câmara berichtet, als Jobim eines Tages beim Musizieren herumalberte und sagte, er könne auch dann noch Melodien spielen, wenn man ihm einen Arm auf dem Rücken festbinde. Sein Freund hielt dagegen – Jobim begann loszuspielen, indem er ständig nur einen Ton variierte, ohne eintönig zu klingen... Newton war begeistert, man verfeinerte das Ganze, dachte sich gemeinsam einen Text dazu aus. So entstehen Welthits...
Die erste wohl bis heute (jedenfalls in seiner Heimat) bekannteste Plattenaufnahme des Liedes machte im Herbst 1959 die brasilianische Sänger- und Gitarrenlegende Joao Gilberto (*1931) , die als Single bei Odeon herauskam und im April 1960 auch auf Gilbertos zweitem Album „O Amor, O Sorriso E A Flor“ (= „Die Liebe, das Lächeln und die Blume“) erschien. Das Stück wurde zum großen nationalen Erfolg und gehört heute zu den „signature songs“ von Gilberto, der nach wie vor unermüdlich Konzerte gibt.
So wie es allgemein für die Lieder von Jobim und den „Bossa Nova“ gilt, so waren auch im Falle von „Samba De Uma Nota Sò“ vor allem zwei Musiker dafür entscheidend, den Sound und das Stück in Nordamerika bekanntzumachen, nämlich die Jazzlegenden Charlie Byrd und Stan Getz (1927-1991). Im Februar 1962 nahm das Charlie-Byrd-Sextett, mit Stan Getz am Tenorsaxophon, in Washington das Lied für ihr bahnbrechendes Album „Jazz Samba“ (Verve Records) auf, und schon im Sommer darauf spielte Stan Getz, diesmal mit dem Orchester Gary McFarland, eine weitere Version ein (zu hören auf dem Verve-Album „Big Band Bossa Nova“). Wiederum wenige Monate später folgte eine weitere Studioaufnahme durch Laurindo Almeida mit seinem virtuosen Gitarrenspiel, und schließlich entstand 1964 eine dritte Fassung von Stan Getz, diesmal mit seinem eigenen Quartett, für sein legendäres Live-Album „Getz au Go-Go“ (Verve Records), aufgenommen im gleichnamigen Musikklub in Greenwich Village (NY).
Als Getz mit dem „Go-Go“-Album herauskam, war das Stück in den USA bereits zum Standard geworden. Auch Jobim hatte 1963 dort eine eigene Aufnahme herausgebracht, arrangiert von Claus Ogerman (mit dem er später für das erste Sinatra-Projekt zusammenarbeiten würde), und Jobim selbst war es auch, der zur selben Zeit zusammen mit dem Jazzsänger Jon Hendricks (*1921) einen englischen Text für das Lied verfaßte, mit dem Titel „One Note Samba“ und in fast hundertprozentig wortgetreuer Übersetzung des portugiesischen Originals. Eine der ersten namhaften Aufnahmen der englischen Version stammt von Peggy Lee (für ihr Capitol-Album „I’m A Woman“, 1963), viele weitere folgten, in einem breiten Spektrum von Al Jarreau und Sergio Mendes über Count Basie und Duke Ellinton bis hin zu Ella Fitzgerald und Rosemary Clooney.
Nachdem Sinatra 1968 mit „Cycles“ und dann Ende Dezember mit „My Way“ ein Album und eine neue Single mit „zeitgenössischem“ Material eingespielt hatte, wollte er sich als nächstes wieder einer anderen Musiksparte zuwenden und den schon länger gehegten Plan eines zweiten Jobim-Albums umsetzen, nachdem das erste (1967) so erfolgreich gewesen war. An drei Abenden (11.-13.Februar 1969) spielte er zusammen mit Jobim zehn Lieder im Studio ein, und „One Note Samba“ war das erste dieser Stücke, mit dem die Session am 11.2. begann. Konzipiert als Duett mit Jobim, probierte Sinatra insgesamt fünf Takes (allesamt nicht vollständig), bevor Take 6 gelang und zum Master wurde.
Während Sinatra sich im Orchester weitgehend auf seine bewährten Musiker stützte und als Orchesterleiter Morris Stoloff verpflichtete, mit dem er schon in den frühen Vierziger Jahren für diverse Filmsoundtrackaufnahmen und bei Konzerten in der „Hollywood Bowl“ zusammengearbeit hatte, suchte er für die Arrangements einen jungen brasilianischen Nachwuchsmusiker aus, nämlich Eumir Deodato Almeida (*1942) .
Deodato stammte aus Rio de Janeiro, war aber italienischer Abstammung (ein Großneffe des berühmten Enrico Caruso) und hatte schon seit den frühen Sechziger Jahren selbst Alben mit Jobim-Songs aufgenommen, darunter sein Debüt „Inútil Paisagem“ („If You Never Come To Me“). Seine jetzige Arbeit mit Sinatra war aber seine letzte Beschäftigung mit dem Bossa Nova; seither ist Deodato in vielen anderen Sparten erfolgreich, arbeitete seit den Siebziger Jahren unter anderem für die erfolgreichen Popgruppen „Kool and The Gang“ und „Earth Wind And Fire“.
Zwei Wochen, nachdem die 10 Jobim-Songs im Kasten waren, änderte Sinatra seine Pläne und entschloß sich, nun zunächst ein weiteres „zeitgenössisches“ Album bei Reprise herauszubringen, gruppiert um seine Single „My Way“, die mit (wenngleich zunächst nur mäßigem) Erfolg inzwischen den Charts gelandet war, und die Veröffentlichung des Jobim-Albums wurde verschoben. Erst nachdem Sinatra mit „A Man Alone“ (März 1969) und „Watertown“ (Sommer & Herbst 1969) zwei weitere neue Alben für Reprise eingespielt hatte, wurde die Veröffentlichung für den Januar 1970 terminiert – aber in allerletzter Sekunde wieder abgeblasen. So kam „One Note Samba“ schließlich, gemeinsam mit sechs weiteren der neuen Jobim-Aufnahmen, erst im März 1971 auf dem Sampler-Album „Sinatra & Company“ erstmals heraus, Sinatras letzter Plattenveröffentlichung vor dem Retirement. Auf das Lied selbst ist Sinatra seit der Studioaufnahme vom Februar 1969 nicht mehr zurückgekommen.
Besonders zwei Dinge machen das Lied m.E. reizvoll: Zum einen das Duett mit dem Komponisten des Liedes, Jobim, zu dem recht witzigen (und wie erwähnt, 1:1 aus dem Portugiesischen übernommenen Text). Zum anderen die Möglichkeit des Vergleichs mit den Versionen vieler anderer Größen des Vokal- und Instrumentaljazz, von Gilberto und Getz bis Basie und Peggy Lee. Wie schneiden Sinatra-Jobim-Deodato-Stoloff da ab?
© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2005
Das ist nur eine kleine Samba,
aufgebaut auf einer einzigen Note,
weitere Noten werden folgen,
aber die Basis bleibt diese Note.
Jetzt, diese neue, ist die logische Folge
derjenigen, die wir gerade zu Ende gespielt haben,
genau so, wie ich unweigerlich die unvermeidliche
Folge von Dir bin!
Es gibt so viele Leute, die reden und reden und reden und sagen einfach nichts,
oder fast nichts,
ich habe die ganze Skala verbraucht, die ich kenne, und am Ende bin ich zu nichts gekommen,
oder fast zu nichts.
Also komme ich auf meine erste Note zurück,
genau so, wie ich auf Dich zurückkommen muß,
in diese eine Note werde ich alles hineinlegen,
was ich an Liebe für Dich empfinde.
Jeder, der die ganze Palette will,
Re-mi-fa-sol-la-si-do,
wird feststellen, daß er keine Wahl hat:
Spiele lieber die Note, die Du beherrschst!
© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2005
REPRISE-Studioaufnahme vom 11.2.1969
aufgenommen in Hollywood, Western Recorders, Studio 1 (take 6)
Duett mit Antonio Carlos Jobim
Arrangement: Eumir Deodato
Orchester geleitet von Morris Stoloff:
Milt Bernhart, Dick Nash, Dick Noel (Posaune); George Roberts (Baßposaune); John Cave, Vincent DeRosa, William Hinshaw, Richard Perissi (Horn); Buddy Collette, Paul Horn, Ronny Lang, Don Lodice, Ted Nash (Saxophon, Holzbläser); Israel Baker, Thelma Beach, Arnold Belnick, Harry Bluestone, Arthur Brown, Jacques Gasselin, Bernard Kundell, William Kurasch, Stanley Plummer, Lou Raderman, Sally Raderman, Joe Stepansky (Violine); Alvin Dinkin, Allan Harshman, Paul Robyn, Virginia Majewski (Bratsche); Margaret Aue, Paul Bergstrom, Jacqueline Lustgarten, Joseph Saxon (Cello); Bill Miller, Eumir Deodato (Klavier); Antonio Carlos Jobim (Gitarre, Gesang); Ray Brown (Baß); Claudio Slon (Schlagzeug, Percussion)
Erstveröffentlichung/Album/LP/CD: Sinatra & Company (Reprise) zuerst erschienen März 1971
CD: The Complete Reprise Studio Recordings (20-CD-Box, Reprise) CD 13 erschienen November 1995
CD: 46013-2 The Complete Reprise Studio Recordings Disc 13
CD: 1033-2Sinatra & Company
LP: FS1033Sinatra & Company
Main Event Infos (English version)
In the spring of 1959, the globally renowned "Samba De Uma Nota Sò" ("One-Note Samba") was born in Brazil. This masterpiece was a collaborative effort between Antonio Carlos Jobim (1927-1994) and Newton de Ferreira Mendonça (1927-1960). Both of the same age, Jobim and Mendonça had been inseparable since their childhood in 1942. Throughout the 1950s, they worked together frequently and intimately. "Samba" was one of their final works, as Newton tragically passed away from a heart attack in 1960 at the young age of 33. Despite his untimely death, Mendonça is revered today as one of Brazil's most significant composers, alongside Jobim.
A few years back, Brazilian author and music historian Marcelo Câmara penned a captivating and highly recommended biography, "Caminhos Cruzados. A Vida e a Música de Newton Mendonça" (published in 2001; regrettably, there is no German translation to my knowledge). In it, he vividly describes how Jobim and Mendonça inspired each other with their ideas during their collaborative composition process. Together, they laid the foundation for a genre of music that has not only become a part of Brazil's national identity, akin to the "Sugarloaf" or the Copacabana, but has also achieved global recognition as "Bossa Nova".
According to Câmara, the concept for "Samba De Uma Nota Sò" emerged when Jobim, in a playful mood, claimed that he could still play melodies even if one arm was tied behind his back. His friend challenged him - Jobim began to play, continuously varying just one note without sounding monotonous... Newton was thrilled, they refined the concept and jointly crafted the lyrics. This is how world hits are born...
The first recording of the song, arguably the most famous to date (at least in his homeland), was made in the autumn of 1959 by the Brazilian singer and guitar legend Joao Gilberto (*1931). It was released as a single on Odeon and in April 1960, it also featured on Gilberto's second album "O Amor, O Sorriso E A Flor" ("Love, the Smile and the Flower"). The track was a massive national success and is now considered one of Gilberto's "signature songs", who continues to perform tirelessly.
As is typically the case for the songs of Jobim and the "Bossa Nova", for "Samba De Uma Nota Sò", two musicians were particularly instrumental in popularizing the sound and the piece in North America, namely the jazz legends Charlie Byrd and Stan Getz (1927-1991). In February 1962, the Charlie Byrd Sextet, featuring Stan Getz on tenor saxophone, recorded the song in Washington for their groundbreaking album "Jazz Samba" (Verve Records). The following summer, Stan Getz, this time accompanied by the Gary McFarland Orchestra, recorded another version (featured on the Verve album "Big Band Bossa Nova"). A few months later, another studio recording followed by Laurindo Almeida, showcasing his virtuoso guitar playing. Finally, in 1964, a third version was recorded by Stan Getz, this time with his own quartet, for his legendary live album "Getz au Go-Go" (Verve Records), recorded at the eponymous music club in Greenwich Village (NY).
By the time Getz released the "Go-Go" album, the piece had already established itself as a standard in the USA. Jobim had also launched his own recording there in 1963, arranged by Claus Ogerman (with whom he would later collaborate on the first Sinatra project). It was Jobim himself who, in conjunction with jazz singer Jon Hendricks (*1921), penned an English version of the song, titled "One Note Samba". This was an almost verbatim translation of the original Portuguese lyrics. One of the first significant recordings of the English version was by Peggy Lee (for her Capitol album "I'm A Woman", 1963), and numerous others followed, spanning a broad spectrum from Al Jarreau and Sergio Mendes to Count Basie and Duke Ellington to Ella Fitzgerald and Rosemary Clooney.
After recording an album and a new single with "contemporary" material in 1968 with "Cycles" and then at the end of December with "My Way", Sinatra desired to explore another genre of music and execute the long-held plan of a second Jobim album, following the success of the first one in 1967. Over the course of three evenings (February 11-13, 1969), he recorded ten songs in the studio with Jobim, and "One Note Samba" was the first of these pieces with which the session commenced on February 11. Envisioned as a duet with Jobim, Sinatra attempted a total of five takes (none of them complete) before take 6 was successful and became the master.
While Sinatra largely depended on his trusted musicians in the orchestra and appointed Morris Stoloff as the orchestra leader, with whom he had previously collaborated on various film soundtrack recordings and concerts in the "Hollywood Bowl" in the early 1940s, he selected a young, promising Brazilian musician for the arrangements, namely Eumir Deodato Almeida (*1942).
Deodato, a native of Rio de Janeiro but of Italian descent (a great-nephew of the renowned Enrico Caruso), had been recording albums with Jobim songs since the early 1960s, including his debut "Inútil Paisagem" ("If You Never Come To Me"). His current collaboration with Sinatra marked his final involvement with bossa nova; since then, Deodato has found success in many other areas, working since the 1970s for the successful pop groups "Kool and The Gang" and "Earth Wind And Fire".
Two weeks after the recording of the 10 Jobim songs, Sinatra altered his plans and decided to release another "contemporary" album on Reprise, centered around his single "My Way," which had already achieved (albeit moderate) success on the charts, and the release of the Jobim album was deferred. Only after Sinatra had recorded two more new albums for Reprise, "A Man Alone" (March 1969) and "Watertown" (summer and fall 1969), was the release scheduled for January 1970 - but was canceled at the very last minute. Thus, "One Note Samba" was finally released for the first time in March 1971, along with six other new Jobim recordings, on the compilation album "Sinatra & Company," Sinatra's last record release before retirement. Sinatra has not revisited the song itself since the studio recording in February 1969.
In my view, two aspects in particular make the song appealing: firstly, the duet with the song's composer, Jobim, featuring the rather humorous lyrics (which, as mentioned, are a direct translation from Portuguese). Secondly, the opportunity to compare it with the versions of many other greats of vocal and instrumental jazz, from Gilberto and Getz to Basie and Peggy Lee. How do Sinatra-Jobim-Deodato-Stoloff measure up?
© Bernhard Vogel for Sinatra – The Main Event, 2005