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Sweet Caroline

Titel

Sweet Caroline

Text & Musik

Musik & Text von Neil Diamond (1969)

Main Event Infos

  • Geschichte
  • Übersetzung
  • Diskographie

I

Neil Diamond (*1941) gehört zu den international bekanntesten und erfolgreichsten Popsängern und Songschreibern der USA. Der Sproß einer jüdischen Kaufmannsfamilie mit polnisch-russischen Wurzeln wuchs im New Yorker Stadtteil Brooklyn auf, wo er mit 16 Jahren begann, Gitarre zu spielen. Auf seiner High-School sang er im Schulchor – gemeinsam mit seiner Klassenkameradin Barbra Streisand. Danach studierte er zunächst Medizin, brach das Studium aber ab, als er Anfang der Sechziger Jahre das Angebot bekam, als Liedschreiber für einen Musikverlag tätig zu werden.

Nach seinem ersten großen Hit als Songtexter mit „I’m A Believer“, mit dem die Popgruppe „The Monkees“ 1966 an die Spitze der Billboard-Charts kletterte, begann Diamond damit, auch als Sänger zu arbeiten und mit wachsendem Erfolg eigene Platten aufzunehmen. 1970 kam er dann mit „Cracklin’ Rosie I Am...I Said“ erstmals selbst an die Spitze der US-Hitparade; in den Siebziger und Achtziger Jahren folgten weitere Hits wie „Song Sung Blue“ (1972), „You Don’t Bring Me Flowers“ mit Barbara Streisand (1978) oder der Soundtrack zu dem Film „The Jazz Singer“ (1980); erst 2008 gelang ihm mit „Home Before Dark“ sein erstes Nummer-Eins-Album. Seine Songs wurden und werden bis heute von zahlreichen Künstlern verschiedenster Sparten gecovert. Bereits 1984 wurde Diamond in die „Songwriters Hall of Fame“ aufgenommen; im Jahre 2000 erhielt er den Sammy Cahn Lifetime Achievement Award.

Im Sommer 1969 schrieb Neil Diamond mit "Sweet Caroline (Good Times Never Seemed So Good)" - so der offizielle Titel - eines seiner bekanntesten und erfolgreichsten Lieder. Im September 1969 bei MCA als Single veröffentlicht und in dieser Zeit von Diamond mehrfach im Fernsehen präsentiert, kam die Aufnahme in den US-Charts bis auf Platz 4, auch in Europa in diverse Top-Ten, und wurde innerhalb weniger Wochen so erfolgreich, daß MCA das Stück noch zu Diamonds gerade erschienenem neuem Album „Brother Love’s Travelling Salvation Show“ hinzufügte und die LP mit neuem Cover erneut auf den Markt brachte.

Diamond hat das Lied, das ihm schon 1970 eine Platin-Schallplatte für mehr als eine Million verkaufte Exemplare einbrachte (heute sind es weit über zwei Millionen) bis heute im Programm und in den letzten Jahrzehnten vielfach neu eingespielt. (Diamonds Originalaufnahme von 1969 kann man sich im übrigen hier anhören.) Besonders in den USA ist „Sweet Caroline“ in Diamonds Fassung auch bei großen Sportveranstaltungen beliebt; offiziellen Status genießt es beim Baseball-Team der Bostoner „Red Sox“ und beim Eishockeyteam der „New York Rangers“. In Europa ist es vor allem bei Arsenal London im Fußballstadion zu hören; bei Heimspielen der nordirischen Fußballnationalmannschaft wird das Lied sogar dreimal gespielt (vor dem Anpfiff, in der Halbzeit und nach Spielende).

Über die Hintergründe seines Erfolgsstücks aber, und darüber, wer denn die von ihm besungene geliebte „süße Caroline“ sei, schwieg Neil Diamond beinahe 40 Jahre – erst im November 2007 lüftete er das Geheimnis in einem Presse-Interview: Caroline Bouvier-Kennedy-Schlossberg (*1957), die Tochter des 1963 ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy, sei seine Inspiration gewesen. 1966 habe er in einer Illustrierten ein Foto entdeckt, daß die damals knapp neunjährige Caroline im Reitdress neben ihrem Pony zeigt, und „sofort gespürt, daß in diesem Bild ein Lied steckt.“ Er bewahrte das Bild auf und schrieb mit Blick darauf dann 1969 „Sweet Caroline“.

Die Geschichte habe er bewußt für sich behalten, so Diamond, weil er gehofft habe, sie Caroline einmal selbst erzählen zu können. Dazu kam es dann im November 2007, als Diamond via Satellit zur Gala anläßlich von Caroline Kennedy-Schlossbergs 50. Geburtstag geschaltet wurde und ihr das Lied als Ständchen darbot. Als Diamond „Sweet Caroline“ 1969 veröffentlichte, war Caroline noch keine 12 Jahre alt – mit Blick auf den Liedtext, der eher den Beginn einer romantischen Liebesbeziehung zum Gegenstand zu haben scheint und sicher vom Publikum und den Cover-Interpreten (einschließlich Sinatra) auch entsprechend aufgefaßt worden ist, wären da Mißverständnisse wohl in der Tat vorprogrammiert gewesen. Vielleicht auch deswegen hat sich die Besungene, außer in ihren kurzen Dankesworten bei Diamonds Geburtstagsständchen, bis heute nicht öffentlich dazu geäußert.

Wie viele andere Hits von Neil Diamond, so wurde auch „Sweet Caroline“ seit 1969 von zahlreichen anderen Vokalisten und Instrumentalisten gecovert; heute existieren weit über 300 verschiedene Interpretationen. Besonders bekannt und erfolgreich war die Version von Elvis Presley, der „Sweet Caroline“ erstmals im Februar 1970 in sein Konzertprogramm aufnahm, zu hören auf dem Album „On Stage February 1970“ (1970).

II

Nach seinem „Rücktritt vom Rücktritt“ im Sommer 1973 und dem folgenden Comeback-Album „Ol’Blue Eyes Is Back“ nahm Frank Sinatra 1974 ein neues Albenprojekt unter dem Titel „Some Nice Things I’ve Missed“ in Angriff, für das er neben einer Single vom Dezember 1973 einige Lieder neueren Datums auswählte, die er im April und Mai 1974 für Reprise Records aufnahm – und zu diesen Stücken gehört auch „Sweet Caroline“. Es war Sinatras erste Beschäftigung mit einer Komposition von Neil Diamond; später sollten noch „Dry Your Eyes“ (1976), „Stargazer“ (1976) und „Song Sung Blue“ (1979) hinzukommen. Sinatras damaliger Hausarrangeur Don Costa (1925-1983) schrieb für „Sweet Caroline“ einen rassigen, in hohem Tempo gehaltenen Swing-Chart, der sich deutlich vom Arrangement des Diamondschen Originals und des Elvis-Covers unterscheidet. Auch nahm man einige Umstellungen im Liedtext vor, so daß Sinatra seine Interpretation direkt mit dem Refrain begann.

Am 8. Mai 1974 spielte Sinatra seine Fassung in den kalifornischen Burbank-Studios ein, begleitet von einem vielköpfigen Orchester in Starbesetzung; dem Swing-Arrangement entsprechend tritt dabei vor allem die dreizehnköpfige Bläsersektion hervor, in denen so bekannte Instrumentalisten wie die Trompeter Conte Candoli und Harry Sweets Edison, der Posaunist Milt Bernhart und der Saxophonist Bud Shank vertreten waren; dazu kamen viele weitere teils seit Capitol-Tagen für Sinatra tätige Musiker. Da Arrangeur Don Costa auch als Produzent dieser Aufnahme fungierte und es daher vorzog, in der „Produzentenkabine“ Platz zu nehmen, übernahm Sinatras jahrzehntelanger Pianist Bill Miller (1915-2006) die Orchesterleitung. Am Piano nahm stattdessen mit Clare Fischer (*1928) ein nicht minder renommierter Musiker Platz, der vor allem 1956-1961 als musikalischer Leiter der Vokalgruppe „The Hi-Lo’s“ bekannt wurde. Beim fünften Take war die Aufnahme von „Sweet Caroline“ im Kasten.

Zwar fordern Text und Melodie von „Sweet Caroline“ Sinatra als Sänger und lyrischen Interpreten kaum sonderlich heraus, doch dafür glänzt The Voice gleich am Anfang, buchstäblich in der allerersten Silbe, mit einem seiner typischen „Sinatra-ismen“, wenn er mit „Ssssssssssssssssssssssweet Caroline“ beginnt – ein Kniff, der an sein „terriffffffffficly, too“ aus „I Get A Kick Out Of You“ erinnert. Den Rest des Liedes swingt Sinatra routiniert, begleitet vom ebenso routinierten Orchester, ohne besondere Höhepunkte, und profitiert dabei von einigen kleinen Wortänderungen im Text.

„Some Nice Things I’ve Missed“ erschien im Juli 1974 und stieß bei Publikum und Kritikern, die ein auf ein eher gemischtes Echo. Die LP, die in den Billboard-Albencharts innerhalb von 11 Wochen Platz 48 erreichte, sollte Sinatras letztes Studioalbum für mehr als fünfeinhalb Jahre bleiben; seine Aufnahme von „Sweet Caroline“ ist außer auf der CD-Ausgabe des Albums seither nur auf dem „Reprise-Koffer“ von 1995 wiederveröffentlicht worden.

Noch vor Erscheinen der LP nahm Sinatra das Lied für wenige Tage auch in sein Konzertprogramm und präsentierte es zum ersten Mal am 6. Juni 1974 im Caesars Palace in Las Vegas zum Auftakt eines zweiwöchigen Engagements mit Ella Fitzgerald, begleitet vom Orchester Count Basie. Zunächst am Ende seines Soloteils als Übergang zum Schlußduett mit Ella positioniert, wanderte „Sweet Caroline“ an den folgenden Abenden in Sinatras Songfolge weiter nach vorne, bevor Sinatra es schließlich am 11. Juni schon wieder aus dem Programm verbannte, weil seine Darbietung trotz der Begleitung durch die Basie-Band nicht zündete. Danach sang er das Lied nur noch einmal am 5. Juli 1974, als er am frühen Nachmittag ein kleines Konzert für die Besatzung des US-amerikanischen Schlachtschiffes „U.S.S. Midway“ gab, das vor dem Hafen von Yokosuka in Japan vor Anker lag. Dabei wurde Sinatra nur von einem Quintett (Rhythmusgruppe plus Bud Shank am Saxophon) begleitet, so daß diese in Sammlerkreisen kursierende Aufnahme eine gewisse Besonderheit darstellt. Danach kam Sinatra jedoch nicht mehr auf das Stück zurück.

© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2010

Süße Caroline,
noch nie schienen gute Zeiten so gut!
Ich neigte bislang dazu
zu glauben, sie würden es niemals sein.

Wo es begann,
darüber kann ich mir nicht klarwerden –
aber andererseits weiß ich: Es wird stärker!
War es im Frühling?
Dann ist aus Frühling der Sommer geworden –
wer hätte geglaubt, Du würdest daherkommen?

Hände
berühren Hände,
strecken sich aus,
berühren mich,
berühren Dich!

Süße Caroline,
noch nie schienen gute Zeiten so gut!
Ich neigte bislang dazu
zu glauben, sie würden es niemals sein.

Ich betrachte die Nacht,
und sie scheint nicht allzu einsam zu sein:
Wir füllten sie mit nur (uns) zweien.
Und wenn ich Schmerzen habe,
rutscht mir der Schmerz den Buckel runter:
Wie kann ich Schmerzen haben, wenn ich Dich im Arm halte?

Warm,
berührend warm,
yeah, sie strecken sich aus
und berühren mich,
berühren Dich!

Süße Caroline,
noch nie schienen gute Zeiten so gut!
Ich neigte bislang dazu
zu glauben, sie würden es niemals sein.

Süße Caroline,
noch nie schienen gute Zeiten so gut!
Ich neigte bislang dazu
zu glauben, sie würden es niemals sein.

Meine Süße, Du bist süß, Caroline!

Übersetzung: © Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2010

REPRISE-Studioaufnahme vom 8.5.1974
aufgenommen in Burbank/Kalifornien, Burbank Studios (Take 5)
Arrangement: Don Costa
Orchester geleitet von Bill Miller:
Conte Candoli, Bud Brisbois, John Audino, Harry Sweets Edison (Trompete); Ernie Tack, Ernie Carlson, Milt Bernhart, Chauncey Welsch (Posaune); Andreas Kostelas, Bud Shank, Ronny Lang, Gene Cipriano, Don Lodice (Saxophon, Holzbläser); Lou Radermann, Lennie Malarsky, Bonnie Douglas, Gerald Vinci, Nathan Ross, Robert Barene, Spiro Stamos, Marshall Sosson, Sally Raderman, Betty LaMagna, Carl LaMagna, Alfred Lustgarten (Violine); Leonard Selic, Gareth Nuttycombe, Myer Bello, Virginia Majewski (Bratsche); Douglas Davis, Paul Bergstrom, Edgar Lustgarten, Justin DiTullio (Cello); Gayle Levant (Harfe); Clare Fischer (Klavier); Al Viola (Gitarre); Gene Cherico (Baß); Irving Cottler (Schlagzeug)
Erstveröffentlichung-Album/LP/CD: Some Nice Things I’ve Missed (Reprise) (zuerst erschienen Juli 1974)
CD: The Complete Reprise Studio Recordings (20-CD-Box, Reprise) (erschienen November 1985)

08.05.1974 Studioaufnahme, Kalifornien, Burbank, Burbank Studios
06.06.1974 Konzert, Nevada, Las Vegas , Caesars Palace
07.06.1974 Konzert, Nevada, Las Vegas , Caesars Palace
08.06.1974 Konzert, Nevada, Las Vegas , Caesars Palace (First Show)
08.06.1974 Konzert, Nevada, Las Vegas , Caesars Palace (Second Show)
09.06.1974 Konzert, Nevada, Las Vegas , Caesars Palace
11.06.1974 Konzert, Nevada, Las Vegas , Caesars Palace
05.07.1974 Konzert, Japan, Tokyo, U.S.S. “Midway”

„Sweet Caroline“ wurde 1969 veröffentlicht und erreichte Platz 4 der Billboard Hot 100. Im darauffolgenden Jahrzehnt wurde es – neben der erwähnten Version von Elvis Presley - auch von dem Soul-Star Bobby Womack, Andy Williams, Al Martino, Roy Orbison und Frank Sinatra gecovert. Diamond stuft die Version von Frank Sinatra übrigens als die beste ein.

"He did it his way," sagte Diamond 2011 gegenüber The Sunday Guardian. „Er hat meinen Song nicht einfach kopiert. Ich habe diesen Song von vielen Leuten gehört und es gibt viele gute Versionen. Aber Sinatras swingende Big-Band-Version übertrifft sie alle bei weitem.“

Ergänzung: Andreas Kroniger für Sinatra – The Main Event, 2023

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