River Stay ‘Way From My Door
Titel
River Stay ‘Way From My Door
Text & Musik
Musik von Harry M. Woods, Text von Mort Dixon (1931)
Hinweis – Der Originaltitel lautete „...stay away from MY door“. Sinatra änderte in seiner Fassung alle diese Stellen in „...THE door“ ab.
Main Event Infos
- Geschichte
- Übersetzung
- Diskographie
Aus der musikalisch-künstlerischen Talentschmiede des Vaudeville sind in den Zwanziger und Dreißiger Jahren viele große Stars des amerikanischen Showbusiness im 20. Jahrhundert hervorgegangen, und viele Lieder, die heute längst weltweite Evergreens geworden sind, entstanden damals an der Tin Pan Alley. Für Frank Sinatras Oeuvre gehören die Künstler, Komponisten und Lieder aus dieser Zeit zu den maßgeblichen Elementen, aus denen er seine vielen Songs und Aufnahmen schöpfte – dementsprechend oft war an dieser Stelle schon davon die Rede.
Natürlich aber wurde nicht aus jedem Vaudeville-Künstler ein Star – oft ist es so, daß (nicht zuletzt dank Sinatra) manche Melodie aus jenen Tagen überdauert, während ihre Schöpfer und ersten Performer längst vergessen sind oder jedenfalls keinerlei internationale Bekanntheit gewonnen haben. Wenn man sich im „Sinatra Songbook“ auf Spurensuche begibt, macht es einen der vielen Reize aus, dabei manch (und manchmal zu Unrecht) vergessenen Namen wiederzuentdecken und seinen Beitrag zum American Songbook ins Licht zu rücken.
Ein wenig verhält es sich so auch mit Jimmy Savo (1890-1960). Er war ein Multitalent in den Jahren des Vaudeville, arbeitete als Sänger, Tänzer und Komödiant, oft alles drei in einer Person. Kein geringerer als Charlie Chaplin nannte ihn damals den „derzeit weltweit besten Pantomimen“, und in seinen witzigen musikalischen Tanzshows sprühte er nur so vor Ideen. Doch den „großen Durchbruch“ schaffte er nicht, obwohl er auch in Hollywood-Streifen wie etwa „Merry Go Round of 1938“ (1938, Regie: Irving Cummings) mitwirkte, wo neben ihm Bert Lahr die Hauptrolle spielte. Für Lahr war es das Sprungbrett zum Welterfolg in „The Wizard Of Oz“ mit Judy Garland (1939) – Savo hingegen blieb an den Kleinbühnen des Broadway.
Immer wieder versuchte Savo sein Glück mit meist von ihm selbst produzierten Personality-Revuen am Broadway – so auch 1931, als er “Mum’s The World“ auf die Bühne brachte, das am 5.12.1931 im New Yorker Belmont Theatre Premiere hatte. Doch nach nur 12 Vorstellungen wurde es am 14.12. wieder abgesetzt.
Aus dieser Revue aber ging ein Song hervor, der trotz des Mißerfolgs am Broadway zu seinem Markenzeichen wurde und den er im oben erwähnten Film „Merry Go Round“ 1938 in seiner einzigartigen Weise auch auf der Leinwand darbot (es lohnt, den ansonsten allenfalls mäßigen Film nur wegen dieser Einlage anzuschauen), nämlich River, Stay Away From My Door.
Geschrieben hatten das Lied für Savo 1931 zwei damals sehr bekannte Songwriter am Broadway.
Die Melodie stammte von Harry MacGregor Woods (1896.1970), der trotz einer leicht verkrüppelten linken Hand den Beruf des Pianisten gewählt und seit den Zwanziger Jahren, als er u.a. für die damals „angesagtesten“ Sänger Al Jolson und Rudy Vallee mehrere Hits komponierte, in die Garde der führenden Liedschreiber der Tin Pan Alley vorgestoßen war. Viele seiner Lieder sind auch heute noch bekannt, allen voran „Try A Little Tenderness“, daneben Titel wie „Side By Side“, „I’m Looking Over A Four-Leaf Clover“, „We Just Couldn’t Say Good-Bye“ oder „What A Little Moonlight Can Do“ (die alle, bis auf den letzten, auch von Sinatra interpretiert wurden). Sein 1929 für Rudy Vallee geschriebenes „Heigh-ho, everybody! Heigh-ho!“ (aus dem Film „The Vagabond Lover“) ist noch heute als umgangssprachliche Grußformel geläufig. Bereits 1945 konnte sich Woods (der 1934-37 drei Jahre in London verbracht hatte) mit seinen Tantiemen zur Ruhe setzen. Später wurde er in die US-amerikanische „Songwriters Hall Of Fame“ aufgenommen.
In der „Songwriters Hall Of Fame“ ist mit Mort Dixon (1892-1956) auch der Texter von „River Stay Away From My Door“ vertreten Er hatte während seiner Militärzeit im Ersten Weltkrieg seine musikalische Laufbahn begonnen und diese dann in den Zwanziger Jahren im Vaudeville, bald aber auch am Broadway und in Hollywood ausgebaut. Von seinen vielen Liedtexten ist wohl heute „Bye-Bye, Blackbird“ (1926) am bekanntesten, nicht zuletzt dank Sammy Davis jr.
Wenngleich, wie oben beschrieben, Savos Revue 1931, in der er den Song vorstellte, wenig Erfolg beschieden war, so wurde doch „River Stay Away From My Door“ alsbald von anderen Künstlern adaptiert. Der wichtigste davon war Phil Harris (1904-1995), auch ein Multitalent, der als Songschreiber, Sänger, Komödiant und Bandleader arbeitete- Von 1936 bis 1952 begleitete er musikalisch die damals ungemein populäre Comedy-Radioshow von Jack Benny; gemeinsam mit seiner (seit 1941) Frau Alice Faye (1915-1998) hatte er zeitweise auch selbst seine eigene Show im Äther.
Harris adaptierte den Song noch 1931 und machte ihn durch die Aufnahme mit seiner eigenen Big-Band (erschienen bei Victor) landesweit populär. Ebenfalls noch 1931 folgten Aufnahmen von Ethel Waters (auf Columbia) und von den Boswell-Sisters (auf Brunswick); später nahm auch einer der „Crooner“ jener Zeit, Guy Lombardo, das Stück auf (ebenfalls auf Columbia). An späteren Interpretationen kann man den Jazzgiganten David Brubeck nennen, oder Sammy Davis jr. (auf seinem legendären Cocoanut-Grove-Album von 1963) - Sammy aber war dabei schon inspiriert von Sinatra.
Frank Sinatra nämlich hatte sich bereits Ende der Fünfziger Jahre des Liedes angenommen – ab 1959 führte er es regelmäßig in seinen Konzertprogrammen, zu einem Arrangement von Nelson Riddle. Und zusammen mit Riddle, der Sinatra in jener Zeit zu einigen der besten Aufnahmen seiner Karriere führte, entstand dann im April 1960 auch die einzige Sinatra-Studioaufnahme von des Stücks.
Dabei stellte Sinatra einmal mehr unter Beweis, wie wichtig ihm auch kleinste Textanpassungen waren – aus „River Stay Away From My Door“ machte er konsequent „River Stay Away From THE Door“. Und herausgekommen ist dabei eine Swingnummer reinsten Wassers, eine echte tour de force, in der Sinatra „so richtig loslegt“ und quasi das vom Liedtext beschriebene drohende (metaphorische zu verstehende) „Hochwasser“ regelrecht an die Wand singt, so als ob er den „Fluten“ schon mit seiner Stimmgewalt Einhalt gebieten könnte. Auf dem Höhepunkt seiner stimmlichen Fähigkeiten angekommen zieht Sinatra hier alle Register, peitscht das ohnehin schon schnell arrangierte Orchester nach vorne, und trifft selbst schwierigste hohe Noten (die sich in der so unscheinbar daherkommenden Melodie reichlich bieten) glasklar, scheinbar mühelos und in „vollem Saft“. Sinatras Aufnahme zählt daher an verschiedenen Musikhochschulen der USA inzwischen zum Lehrstoff.
Die Aufnahme erschien zunächst als Single bei Capitol (schlug sich in den Charts aber nur mäßig), bevor sie 1961 auch auf dem Album „All The Way“ herauskam, das mehr als ein Jahr in den Charts blieb und dort bis auf Rang 4 kletterte. Auf CD erschien sie (in bestem neuen Remastering) zuletzt auf der „Complete Capitol Singles Collection“. (Details zu den Veröffentlichungen wie stets unten).
Danach hat Sinatra den Song nur noch vereinzelt im Konzert gesungen. Stattdessen nahm er für sein Engagement im Sands im November 1961 eine Parodiefassung ins Programm.
© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event
Bleib Du auf deinem Weg,
ich bleibe auf meinem Weg:
Fluß, bleib weg von der Tür!
Ich habe nur einen Hütte,
Du brauchst meine Hütte nicht:
Fluß, bleib weg von der Tür!
Komm nicht noch höher,
ich bin dermaßen ganz alleine,
laß (mir) das Bett und das Feuer,
das ist alles, was ich besitze!
Ich werde nicht Dein Herz brechen,
fang‘ nicht an, mein Herz zu brechen:
Fluß, bleib weg von der Tür!
(Interlude)
Ich bleibe auf meinem Weg,
bleib Du auf deinem Weg:
Fluß, bleib weg von der Tür!
Ich habe mir grad eine Hütte zugelegt,
diese Hütte wirst Du niemals brauchen:
Fluß, bleib weg von der Tür!
Wag‘ es nicht, noch höher zu kommen,
ich bin dermaßen ganz alleine,
laß (mir) das Bett und das Feuer,
und Du darfst von mir aus das Telefon haben!
Ich werde nicht Dein Herz brechen,
fang‘ Du bloß nicht an, mein Herz zu brechen:
Fluß, bleib weg von der Tür!
Bleib weg,
hau ab,
troll Dich,
bleib weg,
Du dreckiger alter schlammiger Fluß, Du!
Fluß, bleib weg von der Tür!
Übersetzung: Marc Rothballer & Bernhard Vogel für Sinatra - The Main Event
CAPITOL-Studioaufnahme vom 13.4.1960
aufgenommen in Hollywood, Capitol Tower, Studio A
Arrangement: Nelson Riddle
Orchester geleitet von Nelson Riddle:
Carrol Lewis (Trompete); Kenneth Shroyer, Thomas Shepard (Posaune); George Roberts (Baßposaune); William Hinshaw, James McGee (Horn); William Schwartz, Abe Most, Plas Johnson, Harry Schuchman, Joe Koch (Holzbläser); Victor Arno, Dan Lube, Jacques Gasselin, Nathan Ross, Marshall Sosson, Felix Slatkin, Erno Neufeld, Alex Beller, Victor Bay (Violine); Alex Neiman, Barbara Simons, Louis Kievman (Bratsche); Eleanor Slatkin, James Arkatov, Victor Gottlieb (Cello); Kathryn Julye (Harfe); Bill Miller (Klavier); Al Viola (Gitarre); Joe Comfort (Baß); Irv Cottler (Schlagzeug)
Erstveröffentlichung-Single: River Stay `Way From My Door/It’s Over It’s Over It’s Over (Capitol) (erschienen Mai 1960)
Erstveröffentlichung-Album/LP/CD: All The Way (Capitol) (zuerst erschienen März 1961)
CD: Come Swing With Me (Capitol) Bonus Track (erschienen 1991) (nur auf der 1991er CD-Ausgabe mit Bonus-Tracks, nicht auf dem Originalalbum von 1961)
CD: The Complete Capitol Singles Collection (4-CD-Set, Capitol) CD 4 (erschienen 20.8.1996)
29.01.1960 Konzert, Nevada, Las Vegas , Sands
13.04.1960 Studioaufnahme, Kalifornien, Hollywood, Los Angeles, Capitol Studio A
04.08.1960 Konzert, New Jersey, Atlantic City, 500 Club
Main Event Infos (English version)
Numerous luminaries of 20th-century American show business emerged from the creative crucible of Vaudeville during the 1920s and 1930s. Many enduring global hits were born on Tin Pan Alley. The artists, composers, and songs from this era form a significant part of Frank Sinatra's repertoire, providing the foundation for many of his songs and recordings. This connection has been frequently discussed.
However, not every Vaudeville artist achieved stardom. Often, some melodies from that era have survived, largely thanks to Sinatra, while their creators and initial performers have faded into obscurity or failed to achieve international recognition. One of the many delights of delving into the "Sinatra Songbook" is the rediscovery of some of these overlooked names and the illumination of their contributions to the American Songbook.
This is particularly true for Jimmy Savo (1890-1960). A multi-talented artist during the Vaudeville years, Savo was a singer, dancer, and comedian, often combining all three roles. Charlie Chaplin himself hailed him as "the world's best mime artist at the time". Savo was a fount of creativity in his humorous musical dance shows. Despite his talent, he never achieved a major breakthrough, even though he appeared in Hollywood films such as "Merry Go Round of 1938" (1938, directed by Irving Cummings), where he shared the screen with lead actor Bert Lahr. While Lahr used this as a stepping stone to global success in "The Wizard Of Oz" with Judy Garland (1939), Savo remained on Broadway's smaller stages.
Savo frequently ventured into personality revues on Broadway, often self-produced. This was the case in 1931 when he staged "Mum's The World", which premiered on December 5, 1931, at the Belmont Theater in New York. However, after only 12 performances, the show was cancelled on December 14.
Despite the revue's failure, it produced a song that became Savo's signature tune. He performed "River, Stay Away From My Door" in his unique style on screen in the aforementioned film "Merry Go Round" in 1938. Despite the film's mediocrity, this musical interlude makes it worth watching. The song was composed for Savo in 1931 by two songwriters who were well-known on Broadway at the time.
The melody of the song was composed by Harry MacGregor Woods (1896-1970), a pianist who, despite a slightly impaired left hand, rose to prominence as one of the leading songwriters of Tin Pan Alley in the 1920s. He penned several hits for the era's most popular singers, Al Jolson and Rudy Vallee. Many of his songs, including "Try A Little Tenderness", "Side By Side", "I'm Looking Over A Four-Leaf Clover", "We Just Couldn't Say Good-Bye", and "What A Little Moonlight Can Do" (all of which, except the last, were also performed by Sinatra), continue to be well-known today. His 1929 song "Heigh-ho, everybody! Heigh-ho!" from the film "The Vagabond Lover" is still used as a casual greeting. After spending three years in London from 1934 to 1937, Woods was able to retire as early as 1945, thanks to his royalties. He was later inducted into the American Songwriters Hall of Fame.
Mort Dixon (1892-1956), the lyricist of "River Stay Away From My Door", is also a member of the Songwriters Hall of Fame. He began his musical career during his military service in World War I and expanded it in the 1920s in vaudeville, and soon on Broadway and in Hollywood. His song "Bye-Bye, Blackbird" (1926) is probably his best-known work today, largely due to Sammy Davis Jr.
Despite the limited success of Savo's 1931 revue, where he introduced the song, "River Stay Away From My Door" was soon adopted by other artists. The most notable of these was Phil Harris (1904-1995), a multi-talented individual who worked as a songwriter, singer, comedian, and bandleader. From 1936 to 1952, he provided the musical accompaniment to Jack Benny's extremely popular comedy radio show. Along with his wife Alice Faye (1915-1998), with whom he had been since 1941, he also had his own radio show for a time.
Harris adapted the song in 1931 and popularized it nationwide by recording it with his own big band (released by Victor). In the same year, recordings by Ethel Waters (on Columbia) and the Boswell Sisters (on Brunswick) followed. Later, one of the era's "crooners", Guy Lombardo, also recorded the piece (also on Columbia). Subsequent interpretations include those by jazz legend David Brubeck and Sammy Davis Jr. (on his legendary Cocoanut Grove album from 1963) - but Sammy was already inspired by Sinatra.
Frank Sinatra had already incorporated the song into his repertoire in the late 1950s. From 1959 onwards, he regularly performed it in his concert programs, to an arrangement by Nelson Riddle. Together with Riddle, who led Sinatra to some of the best recordings of his career at that time, the only Sinatra studio recording of the piece was made in April 1960.
Sinatra once again demonstrated the importance of even the smallest textual adjustments - he consistently transformed "River Stay Away From My Door" into "River Stay Away From THE Door". The result is a pure swing number, a real tour de force, in which Sinatra "really lets go" and practically sings the threatening (metaphorical) "flood" described in the lyrics into the wall, as if he could stop the "floods" with the power of his voice. At the peak of his vocal abilities, Sinatra pulls out all the stops, drives the already quickly arranged orchestra forward, and hits even the most difficult high notes (which are plentiful in the seemingly unassuming melody) crystal clear, seemingly effortlessly and "at full speed". Sinatra's recording is now part of the curriculum at various music colleges in the USA.
The recording was initially released as a single on Capitol (but only did moderately well in the charts) before being released on the album "All The Way" in 1961, which stayed in the charts for more than a year and climbed to number 4. It was last released on CD (in a great new remastering) on the "Complete Capitol Singles Collection".
After that, Sinatra only occasionally performed the song in concert. Instead, he included a parody version in the program for his performance at the Sands in November 1961.
© Bernhard Vogel for Sinatra – The Main Event