Nice 'N' Easy

Nice 'N' Easy
Veröffentlichung: 1960
Label: Capitol
Produzent: Dave Cavanaugh

Review:


NICE’N’EASY
Capitol, 1960

Das Album wurde vom 1. bis 3. März 1960 eingespielt und sollte ursprünglich den Titel „The Nearness Of You“ tragen. Der endgültige Name „Nice’n’Easy“ kam erst mit dem gleichnamigen Titeltrack, der am 13. April 1960 in den Capitol Studios aufgenommen wurde. Allerdings sind die Lieder auf dem Album - abgesehen vom Titelsong – nur oberflächlich betrachtet „nice’n’easy“. Denn den meisten Liedern muss man gespannt zuhören, um sich ihrer Schönheit bewusst zu werden.

Das Titellied ist eine angenehm swingende Nummer mit Charme und Ohrwurmpotential. Ist man erst einmal am Fingerschnippen, dann wird man auch bald mitsingen. Das Lied sollte später zu einem Sinnbild für Sinatras Lebensgefühl werden. Allerdings ist dies auch die einzige Nummer des Albums im Uptempo-Format, der Rest ist gänzlich im balladesken Stil gehalten.

Dies gilt für „I’ve Got A Crush On You“, den Sinatra längere Zeit in seinem Konzertprogramm haben sollte, ebenso wie für das brillante „How Deep Is The Ocean“, hier wundervoll arrangiert von Nelson Riddle. Eine ergreifende und interpretatorische Meisterleistung, Sinatra und Riddles Orchestrierung ergänzen sich vollends.

Weitere Höhepunkte auf dem Album sind „Fools Rush In“, der großartige Standard „Try A Little Tenderness“ sowie ein lieblich vorgetragenes „She’s Funny That Way“. Eine eigene, herzzerreißende Geschichte erzählt „Mam’selle“ und Sinatra liefert eine Darbietung ab, wie sie intimer und verliebter nicht hätte sein können.

Den Abschluss des eigentlichen Albums bildet Johnny Mercers „Dream“. Die CD-Veröffentlichung des Albums enthält vier Bonustracks, darunter eine wahre Perle aus Sinatras Repertoire: den großartigen Gershwin-Hit „Someone To Watch Over Me“.

© Marc Rothballer, Dezember 2006, für Sinatra – The Main Event

Review II:

Lieblingsalben sind wie ein guter alter Wein, der im Laufe der Zeit immer besser wird. Natürlich darf man diese Alben nicht zu oft hören, denn so verlieren sie ihren Glanz. Aber von Zeit zu Zeit entfalten diese Alben ihre ganze wundervolle Wirkung, besonders dann, wenn man sich in einer dafür passenden Stimmung befindet.

Dieses Album gehört zum Spätwerk von Sinatra bei Capitol und es wurde im März 1960 aufgenommen. FS hatte sich damals mit Capitol zerstritten und machte erste Pläne für sein neues Label Reprise. Aus vertraglichen Gründen musste Sinatra noch vier Alben abliefern und er erfüllte diese Verpflichtungen bei Capitol. Alle 12 Lieder wurden in den ersten Märztagen des Jahres 1960 aufgenommen, unter jenen auch das Lied „Nearness of you“. Leider hat dieses Goldstück keinen Platz mehr auf dem Album gefunden . Dafür hat man den leichten Swinger „Nice and Easy“ genommen, welchen man erst im April 1960 aufnahm. Sicherlich haben auch hier kommerzielle Erwägungen eine Rolle gespielt.

Auf dieser Platte interpretierte Sinatra seine alten Columbia Klassiker neu. Bis auf das Titellied sind alle anderen Lieder Balladen, die Frank Sinatra schon bei Columbia aufgenommen hat. Bei diesen Aufnahmen haben wir einen gereiften Sinatra, der seine ganze Lebenserfahrung in diese Lieder einbringt. Sinatra und Riddle sind hier auf der Höhe ihrer Kunst.

Die Songs
Das einzig neue Lied ist „Nice and Easy“, einen luftigen leichten Swinger, den FS bis in die 80ziger Jahre hinein immer wieder im Konzertprogramm hatte. Ein wunderbar entspannter Swinger mit einer dezent swingenden Band. Diese Entspanntheit wird mit den Fingerschnippen von Sinatra noch zusätzlich verstärkt. Ein optimaler Anfang für diese romantische Platte.
Bei „That old Feeling“ fällt einem das rauchige Saxophonspiel von Plas Johnson auf. Diese schöne Ballade hat Frank schon 1947 für Columbia aufgenommen. Diesen eher durchschnittlichen Song kann Frank erheblich mit seiner gereiften Baritonstimme aufwerten. Auch ein Beleg dafür, wie sehr Frank Sinatra doch seit seinen Tagen bei Columbia reifer geworden war. Die Saxophoneinlage von Plas Johnson gibt dem ganzen Lied eine zusätzliche Würze. Auch das nächste Lied hat Sinatra schon 1946 für Columbia aufgenommen, nämlich „How deep is the ocean“. Sinatra hält bei diesem Lied die Töne lang und verleiht somit diesem Lied eine gewisse Dramatik. In die Tiefen des Ozeans taucht auch die Bassposaune von George Roberts ein, die perfekt zu dieser Ballade passt.
Franks Pianist Bill Miller spielt zu „I´ve got a crush on you“ eine schöne jazzige Einleitung. Eine gewisse Anspannung liegt hier in Franks Stimme, die aber wunderbar zu diesem Song passt. Selten hat Sinatra gefühlvoller und romantischer gesungen als bei dieser Aufnahme. Jeder großer Sänger hat sicherlich „You go to my head“ gesungen. Doch Frank gelang es, diesen schönen Liebestext wunderbar und ansprechend zu gestalten. Im Gegensatz zu manch anderem Sänger ist Frank hier ein Meister der Phrasierung, welche diesen Text lebendig erscheinen lässt.
Das nächste Lied „Fools Rush in“ erinnert an den früheren Sinatra, denn er singt sehr zart und feinfühlig wie zu seiner Zeit bei Columbia. Besonders die schönen Streicherpassagen in der Mitte des Liedes lassen aus dem Lied ein kleines Meisterwerk entstehen.
Bevor Frank „Nevertheless“ singt, ertönt ein wunderschönes Vorspiel durch den Bläsersatz. Eine sehr emotionale Darbietung von Frank Sinatra, die man kaum überzeugender gestalten kann. Meiner Ansicht nach klingt er wie ein Teenager, der sich frisch verliebt hat. Dazu passt das meisterhafte Zwischenspiel von Caroll Lewis und Plas Johnson, die diese verliebte Stimmung perfekt untermalt. Das Stück „She´s funny that way“ hat Frank seiner ersten Frau Nancy gewidmet. Der Song zeigt die Musiker auf der Höhe ihrer Kunst, denn die Trompete von Caroll Lewis begleitet Frank optimal ohne dabei aufdringlich zu werden. Man nimmt Sinatra diese Botschaft ab, denn Frank spannt hier die Töne wieder schön lang und geht dabei sehr schön in die tiefen Tonlagen. Vor allem die Musiker brillieren hier. Keine Frage, selten wurden bessere Orchestra für Sinatras Capitol-Sessions zusammengestellt. Der Song „Try a little Tenderness“ wurde später ein großer Erfolg für den Soulsänger Otis Redding. Frank singt hier etwas dezenter mit längeren Pausen, um die Wirkung des Liedes besser entfalten zu können. Vor den Musikern steht hier Felix Slatkin im Mittelpunkt, der mit einem zarten Geigensolo brilliert. Der Song „Embraceable you“ scheint das perfekte Lied für Verliebte zu sein. Über die Jahre haben sich sicherlich viele Menschen verliebt, als sie dieses Album hörten. Frank Sinatra scheint ein Faible für Gershwin Lieder gehabt zu haben. Der Titel „Mam´selle“ war eine typische Ballade der 40ziger Jahre. Es ist Frank Sinatra und Felix Slatkin gelungen, aus diesem Song eine herrlich verträumte Ballade zu gestalten. Man sieht die „Mam´selle“ direkt vor sich in einem schönen, zeitlosen Café. Der Abschluss könnte mit dem Lied „Dream“ nicht passender gewählt sein. Dieses ganze Album regt auch zum Träumen an, dank Frank, Nelson Riddle und den meisterhaften Musikern.

Zusammenfassend kann man die Lieder als „leicht und luftig“ bezeichnen. Die Lieder sind keine schweren „Saloon Songs“, aber auch keine „Schnulzen“, wie banale und geschmacklose Lieder in der Umgangssprache häufig bezeichnet werden. Sicherlich ist diese Platte nicht für die nächste Party geeignet. Es ist vielmehr ein persönliches Album für nachdenkliche Augenblicke. Gerade die jazzigen Zwischenspiele der Musiker geben der ganzen Platte den letzten Schliff, um sie somit einzigartig und musikalisch perfekt erklingen zu lassen. Nur innerhalb von ein paar Sessions wurde die ganze Musik aufgenommen, dies spricht für das enorme musikalische Talent aller Beteiligten.
Mein Tipp: Am besten wäre es, das Album spätabends mit Kopfhörern zu hören, denn so sei man ungestört und könne sich allein auf die meisterhafte Musik konzentrieren, das ultimative Hörerlebnis sowie ein unvergesslicher Abend seien dadurch garantiert.

© Alex Schicke für Sinatra – The Main Event, 2010

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