The Main Event: Die Sinatra-Infothek seit 1999

Life’s A Trippy Thing

Titel

Life’s A Trippy Thing

Text & Musik

Linda Laurie & Howard Greenfield

Main Event Infos

  • Geschichte
  • Übersetzung
  • Diskographie

I.

Über Linda Laurie, Sängerin, Pianistin und Liedermacherin, etwas zu schreiben, ist gar nicht so einfach: Weitgehend vergessen scheint sie heute zu sein. Auf sich aufmerksam machte sie erstmals Ende der Fünfziger Jahre mit selbstgeschriebenen Stücken, die man wohl am besten irgendwo zwischen musikalischer Avantgarde und Existentialismus ansiedelt, also dort, wo im Sinne der „Neuen Musik“ gezielt mit allen klassischen Hörgewohnheiten gebrochen wird. Zwar gilt Laurie bei den Popchronisten als „One-Hit-wonder“, weil sie einzig mit ihrer Komposition „Ambrose Part 5“ (1959) in die Top60 der Billboard-Charts gelangte – aber ein „Lied“ im klassischen Sinne ist das Stück, eine Art Dialog zweier Charaktere, die durch einen U-Bahn-Tunnel marschieren, sicher nicht. Auch der Titel „Ambrose Part 5“ paßt zu dieser Beobachtung, denn Teile 1 bis 4 hatte es nie gegeben.

An den tatsächlichen Charterfolg dieser Nummer versuchte Laurie später mit „Forever Ambrose“ (1960) und „The Return Of Ambrose“ (1964) noch zweimal anzuknüpfen, jeweils ohne Erfolg. Auch ihre wenigen weiteren Singles der frühen Sechziger Jahre waren totale Flops – warum das so ist, mag die Nummer „Jose He Say“ (1964) verdeutlichen....

Immerhin fand Laurie aber als Songschreiberin für andere Künstler ein gewisses Auskommen. Am erfolgreichsten war dabei das Lied „Leave Me Alone (Ruby Red Dress)“, das Laurie 1973 komponierte und zunächst erfolglos selbst einspielte. Kurze Zeit später aber nahm die weltweit erfolgreiche australische Sängerin Helen Reddy das Stück auf und kletterte damit in den Billboard-Charts bis auf Rang 3. Nicht nur Reddy selbst, sondern auch Laurie konnte mit den daraus resultierenden Tantiemen zufrieden sein, zumal Reddy das Stück bis heute im Programm führt.

(Anmerkung: Falls jemand weiß, was aus Linda Laurie geworden ist: Bitte melden, gerne ergänzen wir die eher spärlichen Informationen über Laurie zumindest um Lebensdaten.)

Von ganz anderem musikalischen Kaliber und ungleich erfolgreicher als Liedtexter war da schon Howard Greenfield (1936-1986), ein gebürtiger New Yorker, der mit 16 Jahren den damals 13jährigen Klavierschüler Neil Sedaka (*1939) kennenlernte, dessen Familie im selben Haus im Stadtteil Brooklyn lebte. Die beiden Teenager taten sich zusammen und probierten erste gemeinsam geschriebene Lieder aus, und alsbald bekamen sie vom Pop-Produzenten Al Nevins einen ersten Plattenvertrag. Seinen ersten großen internationalen Hit hatte das Komponistenduo dann 1958 mit „Stupid Cupid“, ein Lied, das in der Interpretation von Connie Francis in die Hitparaden kletterte. Seine erfolgreichste Phase erlebte das Komponistenduo dann ab 1959, als Sedaka als Sänger zu RCA wechselte; in dieser Zeit entstanden viele ihrer bis heute bekanntesten gemeinsam geschriebenen Songs, darunter „Stairway To Heaven“, „Calendar Girl“ (später von Nancy Sinatra gecovert) und „Breaking Up Is Hard To Do“.

Seit den frühen Sechziger Jahren, als ihr Erfolg im Zuge der „Beatlemania“ ein wenig nachließ, arbeitete Greenfield auch mit anderen Komponisten zusammen, zum Beispiel mit Jack Keller für Frank Sinatras „When Somebody Loves You“ (1964), und textete mit Erfolg für Stars wie Carole King („Crying In The Rain“) und Tom Jones („Puppet Man“). Daneben arbeitete Greenfield viel fürs Fernsehen (unter anderem für die populäre Serie „The Flying Nun“) und gelegentlich auch beim Film. Immer wieder fand er sich aber auch erneut mit Neil Sedaka zusammen – getreu ihrem Motto aus Jugendzeiten „kein Tag ohne ein neues gemeinsam geschriebenes Lied“ verfaßten sie viele hundert Songs, die von zahlreichen Künstlern aufgenommen wurden.

1975 krönten beide ihr Comeback als Songwriterduo gleich mit zwei erfolgreichen Liedern: „The Hungry Years“ (im Konzert 1976 auch mehrfach von Frank Sinatra gecovert) wurde zum Titellied eines neuen Albums von Sedaka, auf dem zahlreiche ihrer gemeinsamen Kompositionen zu hören sind. Und „Love Will Keep Us All Together“, ein zunächst ebenfalls von Sedaka gesungenes Stück, kam in der Version der Popgruppe „The Captain & Tennille“ an die Spitze der Billboard-Charts, wurde der meistgespielte Song im US-Radio 1975 und erhielt schließlich einen Grammy als Song des Jahres.
Erst Greenfields früher Tod riß das Duo auseinander; er starb 1986 wenige Tage vor seinem 50. Geburtstag an den Folgen von AIDS. 1991 wurde Greenfield für sein breitgefächertes Werk posthum in die Songwriters Hall Of Fame aufgenommen.

II.

Anfang November 1970 fanden sich Frank Sinatra und seine Tochter Nancy Sinatra, die nach anfänglichen Karriereschwierigkeiten mit Hits wie „These Boots Are Made For Walking“ und ihrer Zusammenarbeit mit Lee Hazlewood zu einer der populärsten Sängerinnen der Sechziger Jahre geworden war, erstmals seit ihrem weltweiten Duett-Millionenhit „Somethin’ Stupid“ (1967) wieder zu gemeinsamen Aufnahmen im Plattenstudio ein. Für Frank Sinatra, der im März 1971 seinen Rückzug aus dem Showgeschäft bekanntgeben würde, sollte es die letzte Aufnahmesession bis Frühjahr 1973 werden.

Neben einer Solo-Nummer für Frank („The Game Is Over“) standen zwei Duette von Vater und Tochter auf dem Programm, mit denen man wohl etwas an den Erfolg von „Somethin’Stupid“ anknüpfen wollte: „Feelin’ Kinda’ Sunday“ und “Life’s A Trippy Thing“, ein Lied, das Howard Greenfield (zu dem Nancy u.a. durch „Calendar Girl“ gute Kontakte besaß) zusammen mit der eingangs erwähnten Linda Laurie gemeinsam geschrieben hatte. Sinatras Hausarrangeur Don Costa schrieb dazu ein in flottem Swingrhythmus gehaltenes Arrangement.

Für die Aufnahme von „Life’s A Trippy Thing“ betrieb man dann einigen technischen Aufwand: Am 2. November 1970 spielte zunächst Don Costa im Studio 1 von Western Recorders in Hollywood sein Arrangement mit einer kompletten Big-Band instrumental ein (siehe unten Bestandteil (a)), während in einer gesonderten Session am selben Tag Frank und Nancy Sinatra ihr Gesangsduett lediglich von einer Rhythmusgruppe begleitet aufnahmen (=Bestandteil (b)). Beide Aufnahmen wurden anschließend zusammengemischt und vereinzelt nachbearbeitet, bevor schließlich in einer weiteren Session am 6. November 1970 im Overdub-Verfahren noch ein achtköpfiger Begleitchor (=Bestandteil (c)) hinzukam.

Der Text (ein Übersetzungsversuch wie stets unten im Anhang) bedient sich in zahlreichen Anspielungen des zeittypischen Vokabulars der „Szene“ (stoned, grass, pot, tea, sunshine) und versucht dadurch, so eine Art „Anti-Drogen-Song“ zu sein, nach dem Motto „das Leben selbst ist der beste Trip!“: Drogenfreie Flower-Power sozusagen.

Dabei wirkt es freilich unfreiwillig komisch, wenn ausgerechnet Frank Sinatra die Zeile „my tea is brewing in my cup“ zu singen bekommt, der seine berühmten „tea breaks“ bei Konzerten selten mit „Tee“ bestritt. Das Duett macht Vater und Tochter aber hörbar Spaß, und mehrfach nimmt Frank den Text dabei auch auf die Schippe, wenn er absichtlich falsche Silben intoniert („don’t you xxxxxxooot me down“) oder die vielen „ding-a-lings“ gegen Ende mit „yer xxxxilly“ aufbricht, was Nancy zu einigem Gekicher veranlaßt.

Das Ergebnis erschien Anfang 1971 bei Reprise auf einer Single (mit Franks „I’m Not Afraid“ auf der Rückseite) und verschwand sogleich in der Versenkung; der Markt nahm kaum Notiz davon, und in den diversen Charts blieb das Lied ebenfalls außen vor. Das mag dazu beigetragen haben, daß es augenscheinlich keinerlei Cover-Versionen des Liedes gibt. Auf Langspielplatte erschien die Duett-Nummer erst Ende der Siebziger Jahre und dann auch nur in Italien und Südamerika; in den USA wurde das Stück erst 1995 im Rahmen des Reprise-„Koffers“ wieder aufgelegt. Im selben Jahr erschien es als Bonustrack auch auf der CD-Ausgabe von Nancy Sinatras 1966er-Album „Nancy In London“, während Nancy selbst das Stück auch auf ihrer Maxi-CD (3 Songs) „For My Dad“ (1998) unberücksichtigt ließ.

Copyright © Bernhard Vogel, 2008, für Sinatra – The Main Event

DAS LEBEN STECKT VOLLER TRIPS

Vom Sonnenschein zugedröhnt werden,
von der frischen Luft high werden,
auf natürlichem Wege diesen Punkt erreichen,
wirklich dorthin gelangen!

Ich bekomme solch ein Hoch,
ich mag, was ich tue,
ich bin so voller Freude,
von etwas Neuem eingefangen!

Das Leben steckt so sehr voller Trips!
Hallo Vögelein, hallo Frühling!
Jeder Tag auf Erden
ist ein Tag, der die
Erinnerung lohnt.

Und ich meine einfach, was ich singe:
Das Leben ist eine solch tolle Sache!
Bemitleide mich nicht,
ich bin froh,
klingeling zu sein.

Mein “pot”* ist mit Blumen gefüllt,
mein Gras** ist leuchtend und grün,
mein Tee brüht in meiner Tasse,
und doch mach ich die Szene.
(* unübersetzbare Anspielung: engl. „pot“ = a. Blumentopf, b. Marihuana)
(** wie im deutschen, kann “grass” auch im englischen “Haschisch” bedeuten)

Aber versuch bloß nicht, mich zu ändern,
ich liebe die Welt, die ich gefunden habe,
Ich muß meinen eigenen süßen Weg fliegen,
schieß mich bloß nicht ab!

Das Leben steckt so sehr voller Trips!
Hallo Vöglein, hallo Frühling!
Jeder Tag auf Erden
ist ein Tag, der die
Erinnerung lohnt.

Und ich meine einfach, was ich singe:
Das Leben ist eine solch tolle Sache!
Bemitleide mich nicht,
ich bin froh,
klingeling zu sein.

Übersetzung: Marc Rothballer & Bernhard Vogel, 2008, für Sinatra – The Main Event

REPRISE-Studioaufnahme vom 2. und 6.11.1970
aufgenommen in Hollywood, Western Recorders, Studio 1
Arrangement: Don Costa
Duett mit Nancy Sinatra
Bestandteile:
(a) Instrumentaler Orchestertrack, aufgenommen am 2.11.1970
Orchester geleitet von Don Costa:
Conte Candoli, Shorty Sherock, Ray Triscari (Trompete); Dick Noel, Billy Byers (Posaune); Robert Knight (Baßposaune); Bob Hardaway, Harry Klee, Nino Tempo (Saxophon, Holzbläser); Thelma Beach, Arthur Brown, Kurt Dieterle, Jacques Gasselin, Erno Neufeld, Lou Raderman, Sally Raderman, Joe Stepansky, Mischa Russell, Shari Zippert (Violine); Cecil Figelski, Allan Harshman, Reuben Marcus, Virginia Majewski (Bratsche); Margaret Aue, Joseph Saxon (Cello); Gayle Levant (Harfe); Bill Miller (Piano); Al Viola, Dennis Budimir (Gitarre); Chuck Berghofer (Baß); Irving Cottler (Schlagzeug); Gene Estes, Alan Estes (Percussion)
(b) Gesang von Frank Sinatra und Nancy Sinatra, aufgenommen am 2.11.1970
Begleitmusiker für die Vokalaufnahme, geleitet von Don Costa:
Bill Miller (Piano); Al Viola, Dennis Budimir (Gitarre); Chuck Berghofer (Baß); Irving Cottler (Schlagzeug); Gene Estes (Percussion)
(c) Gesang (Overdub) des Begleitchors, aufgenommen am 6.11.1970
Begleitchor: Nancy Adams, Louis Aldebert, Carol Carmichael, Vangie Carmichael, David Fisher, Bill Lee, Gene Merlino, Susan Tallman
(a+b+c=) Reprise Master N 19277
Erstveröffentlichung-Single: Life’s A Trippy Thing/I’m Not Afraid (Reprise 1011) (erschienen 1971)
LP: Sinatra Today (Reprise) (nur in Argentinien erschienen)
LP: Sinatra & Friends (Reprise) (nur in Brasilien erschienen)
LP: The Voice Vol.3 (Reprise) (nur in Italien erschienen)
CD: Nancy Sinatra-Nancy In London (Sundazed) (erschienen 1995, Bonustrack, NICHT auf der Original-LP von 1966)
CD: The Complete Reprise Studio Recordings (20-CD-Box, Reprise) CD 15 (erschienen November 1995)

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