The Main Event: Die Sinatra-Infothek seit 1999

Talk To Me

Titel

Talk To Me

Text & Musik

Musik & Text von Rudy Vallée, Eddie Snyder & Stanley Kahan (1959)

Main Event Infos

  • Geschichte
  • Übersetzung
  • Diskographie

Als Frank Sinatra am 14. Mai 1959 ins Studio A des Capitol Tower in Hollywood ging, um vier neue Lieder aufzunehmen (nämlich zwei noch ausstehende Songs für sein bereits weitgehend eingespieltes neues Album „No One Cares“ sowie zwei Singles), war das Verhältnis zu den Plattenbossen bei Capitol angespannt.

Sinatra war nicht mehr zufrieden mit den Vertragsbedingungen, die ihm nur wenig eigene Rechte an seinen Aufnahmen einräumten, und pochte, mit Blick auf seine phänomenalen Erfolge der zurückliegenden Jahre sicher zu Recht, auf mehr Autonomie. Capitol hingegen war dazu nicht bereit – woraufhin Sinatra in eine Art unerklärten Aufnahmestreik trat: Bis zu den Sessions für das Album „Nice’n’Easy“ m März 1960, also volle zehn Monate lang, sollte es dauern, bis er wieder für Capitol ins Studio ging; kurze Zeit später verständigte man sich dann auf eine Auflösung von Sinatras Vertrag mit dem Label.

Neben dem Titelsong „When No One Cares“ und einem Remake von „I’ll Never Smile Again“ für sein eingangs erwähntes Saloon-Album spielte Sinatra an diesem Maiabend 1959 zusammen mit Nelson Riddle zwei weitere Lieder ein: „This Was My Love“ und dann am Schluß der Session „Talk To Me“. Sinatra kam mit dem Stück von Anfang an gut zurecht, bereits die ersten zwei Takes waren fast vollständig, take 3 dann der Master.

Drei Songschreiber hatten sich zusammengetan und „Talk To Me“ speziell für Sinatra komponiert: Neben Stanley Kahan waren das Eddie Snyder, der 1966 mit seinem (gemeinsam mit Charles Singleton verfaßten) Text für „Strangers In The Night“ berühmt werden sollte, und Rudy Vallee (1901-1986), eines von Sinatras großen Jugendidolen, wie FS immer wieder öffentlich bekannte.

Vallee war seit den 20er Jahren vor Bing Crosby nicht nur einer der populärsten Radiosänger und Entertainer des Vaudeville sowie ein erfolgreicher Jazzsaxophonist gewesen, sondern auch einer der ersten „Mikrophonkünstler“, der mit seinen zahlreichen Schallplattenaufnahmen den Weg für Crosby und dann auch Sinatra bereitet hatte.

Den sehr simplen Text des Liedes und seine ebenso simple Melodie verarbeitete Nelson Riddle zu einem verträumten Arrangement, das am Anfang mit einem wunderschön-zurückhaltend säuselnden Saxophonsolo (Ted Nash) Barstimmung aufkommen läßt und danach, vorwiegend von der großen Streichersektion getragen, in einen sehr langsamen Swingtakt verfällt. Sinatra singt dazu die Zeilen zwei- bzw. dreimal – seine Interpretation macht daraus eine unschuldig-romantische Liebeserklärung, seine unvergleichliche Stimme impliziert aber zugleich, daß es wohl auch um „mehr“ gehen soll als nur „talk“:

you set me all aflaaaaaaaaame and it’s so pleasin‘,
it would be a shaaaaaaame if you were oon-lyy teeea-sinnnnn‘...

Ein perfekter Verführungssong.

Capitol brachte die Aufnahme (= Version #1) Anfang Oktober 1959 als Single auf den Markt, die sich dann immerhin 11 Wochen in den Charts behaupten konnte, mit der Höchstplazierung #38 allerdings nur mäßig erfolgreich war. Auf einem Album kam das Lied erst im März 1961 heraus, nämlich auf dem Sampler-Konzeptalbum "All The Way". Auf CD ist das Stück heute auch auf der tollen "Complete Capitol Singles Collection" greifbar.

Vier Tage, nachdem die Single in die Charts gekommen war, stellte Sinatra das Lied am 19.10.1959 auch im ersten seiner vier Timex-Specials, „The Frank Sinatra Show“, im Fernsehsender ABC vor, wiederum begleitet von Riddle (= Version #2).

In Sinatras Repertoire blieb der Song im Prinzip eine Eintagsfliege, jedenfalls was ernsthafte Darbietungen betrifft. Sinatra kam zwar bis Herbst 1960 noch des öfteren auf der Bühne auf das Lied zurück, allerdings „nur“ im Rahmen von „Summit“-Auftritten mit Dean Martin & Co. im Sands in Las Vegas oder im legendären „500 Club“ in Atlantic City. Und bei diesen Konzerten machte er sich eher lustig über das Lied und blödelte mit dem Text herum.

Am 29.1.1960 beispielsweise entspannte sich Sinatra bei einem „Rat-Pack“-Konzert im Sands vom Streß der von ihm geleiteten großen musikalischen Inaugurationsfeier für Präsident John F. Kennedy am Tag zuvor, kündigte in seinem Soloteil „Talk To Me“ folgendermaßen an:
„This was a pretty big record for me on Capitol... really big! About six feet cross!“

Als Sinatra dann zu singen beginnt, funkt bzw. singt Dino wie geplant dazwischen:
FS: „talk to me...“
Dino: „I don’t wanna!“
FS: „talk to me...“
Dino: „I don’t wanna!“
FS: „talk to me...“
Dino: „I don’t wanna!“

Und nach Sinatras zweiten 3 „Talk To Me“-Zeilen ruft Joey Bishop: „For Heaven’s sake, somebody talk to him!!!“

Gegen Ende des Songs dann (Ausschnitte dieser Darbietung sind übrigens immer wieder als Filmschnipsel in Dokumentationen über FS zu sehen, das komplette Material hingegen harrt noch einer Veröffentlichung) wandelt Sinatra die simple Szenerie des Textes komplett um macht es quasi zu einem „und-tschüß!“ Lied an eine „Dame“ , die gebeten wird, ihren Stundenlohn einzustecken, das Licht wieder auszumachen und beim Gehen die Tür zu schließen, damit die Flurfunzel nicht reinscheint:

So my love, before you go,
turn out the light and take the doe!
It’s on the dresser there!
And walk nice and soft out,
and shut the door,
because the light in the hall gets in my eyes

Grelles Licht verträgt „Talk To Me“ wirklich nicht – eher passen vielleicht Kerzenschein und ein gutes Glas Wein am späten Abend.

© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2005

Sprich mit mir,
sprich mit mir,
sprich mit mir,
Dein zauberhafter Kuß bringt mich nur auf den halben Weg.

Sprich mit mir,
sprich mit mir,
sprich mit mir,
laß mich nicht so zurück, von einem Stern herabbaumelnd.

Du hast mich völlig entflammt, und es ist so angenehm,
es wäre eine Schande, wenn Du mich bloß foppen wolltest.

Deswegen, meine Liebe, bevor ich gehe,
dreh das Licht ganz weit runter
und sprich mit mir,
sprich mit mir,
sprich mit mir.

© Bernhard Vogel für Sinatra – The Main Event, 2005

(1) CAPITOL-Studioaufnahme vom 14.05.1959
aufgenommen in Hollywood, Capitol Tower, Studio A (take 3)
Arrangenment: Nelson Riddle
Orchester geleitet von Nelson Riddle:
James Decker, James McGee, Sinclair Lott (french horn); Ronny Lang, Willie Schwartz, Ted Nash, Sal Franzella, Buddy Collette, Harry Schuchman (Holzbläser); Felix Slatkin, Paul Shure, Alex Beller, Dan Lube, Mischa Russell, Marshall Sosson, Nicholas Pisani, Nathan Ross, Erno Neufeld, Joe Stepansky, Murray Kellner, Carl LaMagna, Jacques Gasselin, Henry Hill, Harry Bluestone, Arnold Belnick (Violine); Alvin Dinkin, Alex Neiman, Paul Robyn, David Sterkin (Bratsche); James Arkatov, Victor Gottlieb (Bratsche); Kathryn Julye (Harfe); Bill Miller (Klavier); Al Viola (Gitarre); Mike Rubin (Baß); Bill Richmond (Schlagzeug)
Erstveröffentlichung-Single: Talk To Me/They Came To Cordura (Capitol) (erschienen Oktober 1959)
Erstveröffentlichung-Album/LP/CD: All The Way (Capitol) (zuerst erschienen März 1961)
CD: The Complete Capitol Singles Collection (4-CD-Set, Capitol) CD 4 (erschienen 20.8.1996)

(2) „The Frank Sinatra Show“ (ABC TV/Timex) vom 19.10.1959
aufgenommen in Los Angeles
Arrangement: Nelson Riddle
Orchester geleitet von Nelson Riddle:
unter anderem: Harry Klee (Konzertflöte); Bill Miller (Klavier); Al Viola (Gitarre); Ralph Pena (Baß); Irving Cottler (Schlagzeug)

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